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Supraleiter läuft unter Druck zur Hochform auf

Verantwortlicher Autor: Frank Blum Karlsruhe, 21.01.2024, 22:59 Uhr
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Karlsruhe [ENA] Der Supraleiter Strontiumruthanat stellt die Wissenschaft vor viele Fragen. Forschende am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und am Max-Planck-Institut für Chemische Physik fester Stoffe (MPI CPfS) in Dresden haben nun festgestellt, dass mechanischer Druck die Supraleitung erhöht und zugleich die Verformung des Materials erleichtert. Dies führen sie auf quantenmechanische Anregungen der Elektronen zurück.

Supraleiter sind Materialien, die beim Unterschreiten einer bestimmten Temperatur, der sogenannten Sprungtemperatur, keinen elektrischen Widerstand aufweisen. Dies macht sie unter anderem für verschiedene Anwendungen der Energiewandlung und -verteilung interessant. Bei Strontiumruthanat (Sr2RuO4) hat die Wissenschaft noch nicht verstanden, wie es zur Supraleitung kommt. „Die konventionelle Theorie lässt sich auf Strontiumruthanat nicht anwenden. Doch die Quantenmechanik bringt uns weiter, denn mit ihr lassen sich nicht nur die Eigenschaften einzelner Atome und Moleküle, sondern auch die kollektiven Eigenschaften von Vielteilchensystemen beschreiben“.

Mechanischer Druck entlang einer Richtung erhöht Sprungtemperatur. Forschende an mehreren Instituten des KIT und am MPI CPfS hatten bereits 2022 in einer Publikation in der Zeitschrift Nature demonstriert, wie sich durch mechanisches Drücken entlang einer bestimmten Richtung die Sprungtemperatur von Strontiumruthanat deutlich erhöhen lässt und wie dabei das Anregungsverhalten der Elektronen verändert wird. Zusammen mit internationalen Partnern stellten die Forschenden aus Karlsruhe und Dresden nun fest, dass genau dieser Druck, der die Supraleitung stark erhöht, das Material mechanisch wesentlich weicher macht, sodass Verformungen erleichtert werden.

Dies führen die Forschenden auf eine quantenmechanische Resonanz der Schwingungen der Elektronen zurück. Vor rund 60 Jahren sagte der sowjetische Physiker Ilja M. Lifschitz ein mechanisches Aufweichen vorher, das heute als Lifschitz-Übergang bekannt ist. Der Effekt, den wir nun identifiziert haben, ist jedoch mehr als tausendmal größer und lässt sich klar mit der Verstärkung von Supraleitung in Verbindung bringen. Das ist verblüffend, weil weniger als ein Prozent der insgesamt im Material existierenden Elektronen eine Reduktion der elastischen Konstanten um 20 Prozent erzwingen.

Um die Untersuchung des Wechselspiels von elastischen und elektronischen Eigenschaften geht es auch im von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Transregio ELASTO-Q-MAT, in dem das MPI CPfS und das KIT stark vertreten sind. Für die in Science publizierte Studie entwickelten Forschende des KIT ein Modell des Effekts, bei dem einige wenige der stromführenden Elektronen alle anderen beherrschen und das Material viel weicher machen können. Die Messungen dazu liefen am MPI CPfS in Dresden. Unsere Studie bietet jedoch eine neue Perspektive und eröffnet die Möglichkeit, in Zukunft starke Quantenfluktuationen im Labor zu manipulieren und Materialien für einen gegebenen physikalischen Effekt zu optimieren.

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