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Wasserstoff, Kraftstoffe und Trinkwasser vom Dach

Verantwortlicher Autor: Frank Blum Karlsruhe, 09.07.2023, 21:23 Uhr
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Karlsruhe [ENA] Wasserstoff, Kraftstoffe und sogar Trinkwasser effizient auf Dachflächen oder in Solarparks produzieren, das wollen Forschende des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) und ihre kanadischen Partner mit kostengünstigen Fotoreaktormodulen ermöglichen. Dabei sind ihnen jetzt wichtige Fortschritte gelungen. Optimiertes Reaktorkonzept für den Massenmarkt, Kostensenkung durch preiswerte Module sing der Schlüssel dazu.

Bei der künstlichen Fotosynthese werden chemische Reaktionen mithilfe von Sonnenlicht durchgeführt. Wie beim natürlichen Vorbild werden Photonen dabei von einem fotokatalytisch aktiven Material so absorbiert, dass ihre Energie direkt eine chemische Reaktion antreibt. „Inzwischen sind unterschiedliche Fotokatalysatoren bekannt. Mit ihnen lässt sich zum Beispiel Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spalten, es lassen sich aber auch klimaneutrale Kraftstoffe aus Wasser und Kohlendioxid herstellen“, sagt Paul Kant vom Institut für Mikroverfahrenstechnik (IMVT) des KIT. Bislang war die Technologie allerdings vor allem im Labor zu finden, weil die Kosten einer Produktion von solarem Wasserstoff schlicht zu hoch waren.

Mit einem Konzept für hocheffiziente Fotoreaktorpaneele, die in kostengünstigen Modulen verbaut werden können, ist der Forschungsgruppe nun aber ein entscheidender Schritt in Richtung Praxis gelungen. Den großflächigen Einsatz solcher neuartiger Fotoreaktormodule auf Hausdächern oder in Solarfarmen zur Herstellung von Wasserstoff oder Kraftstoffen hält Kant für eine der großen technologischen Chancen der Menschheit im Kampf gegen die Klimakrise: „Das könnte den Einsatz fossiler Energieträger schlichtweg überflüssig machen.“ Kant leitete die Forschungsarbeiten federführend während seiner Promotion bei Professor Roland Dittmeyer am IMVT. Sie sind Teil des Helmholtz-Programms Materials and Technologies for the Energy Transition.

Ein effizientes Fotoreaktormodul für die praktische Anwendung muss im Wesentlichen zwei Komponenten aufweisen: Zum einen muss ein geeigneter Fotokatalysator zur Verfügung stehen, der die eigentliche chemische Reaktion antreibt. Zum anderen muss ein Fotoreaktor vorhanden sein, also ein „Behältnis“ für den Fotokatalysator sowie die Ausgangsstoffe der chemischen Reaktion. „Der Fotoreaktor sollte einfallendes Sonnenlicht idealerweise verlustarm zum Fotokatalysator leiten, egal aus welcher Richtung es einfällt, beziehungsweise egal wo am Himmel die Sonne steht“, erklärt Kant. „Wichtig ist außerdem, dass der Fotoreaktor durch seine Struktur und das verwendete Material optimale Betriebsbedingungen für den Fotokatalysator gewährleistet.

Maßgeblich ist etwa die richtige Temperatur oder die passende Intensität bei der Absorption von Licht am Fotokatalysator." Das von dem Forschungsteam vorgestellte Fotoreaktorkonzept adressiert genau diese doppelte Herausforderung: Es besteht aus mikrostrukturierten Polymerpaneelen, die für eine hohe Reflektivität mit Aluminium beschichtet werden und ermöglicht sowohl optimale Betriebsbedingungen als auch einen effizienten Transport von Licht zum Fotokatalysator über den gesamten Tagesverlauf. Die Forschenden haben das System mithilfe computergestützter Geometrieoptimierung sowie einem fotokatalytischen Modellsystem entwickelt und konnten es bereits im Labormaßstab demonstrieren.

Auf Grundlage einer allgemeingültigen Richtlinie, die von den Forschenden auf Basis einer detaillierten Analyse ihres Reaktorkonzepts erarbeitet wurden, können zukünftige Fotoreaktormodule nun für unterschiedliche Einsatzzwecke verhältnismäßig einfach auf maximale Effizienz ausgelegt werden. Eine hohe Effizienz bei der chemischen Reaktion ist allerdings nur ein Teil der Herausforderung, um die künstliche Fotosynthese als eine wirtschaftliche Technologie zu etablieren. Für relevante Produktmengen müssen extrem große Flächen mit Fotoreaktorpaneelen bedeckt werden. „Um die Kosten zu senken verwenden wir kostengünstige Materialien sowie Geometrien, die in etablierten Massenfertigungsverfahren hergestellt werden können“, sagt Kant.

Nach ersten Berechnungen schätzen die Forschenden den Preis auf ungefähr 22 US-Dollar pro Quadratmeter Fotoreaktormodul. In weiterführenden Arbeiten unter der Federführung von Anselm Dreher wird in den nächsten Schritten nun am IMVT in Karlsruhe und in der Arbeitsgruppe um Professor Geoffrey Ozin in Toronto ein geeigneter Fotokatalysator entwickelt, der effizient Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff spaltet. Der Fotokatalysator wird anschließend in die vorgestellten Fotoreaktoren integriert. Ferner umfassen aktuelle Arbeiten Untersuchungen zur Massenproduktion der vorgestellten Paneele.

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